In seiner Penzberger Werkstatt tüftelt Kitzretter Martin Thoma an neuen Erfindungen.
Der Penzberger Martin Thoma erfindet Geräte, die dabei helfen, Rehkitze zu retten oder Wildschweine zu vergraulen. Bis er seine endgültige Bestimmung gefunden hatte, war es ein langer Weg.
Von .css-viqvuv{border-bottom:1px solid #29293a;-webkit-text-decoration:none;text-decoration:none;-webkit-transition:border-bottom 150ms ease-in-out;transition:border-bottom 150ms ease-in-out;}.css-viqvuv:hover{border-bottom-color:transparent;}Alexandra Vecchiato
Mit Mitte/Ende 40 noch einmal neu anzufangen, den Sprung in die Selbständigkeit zu wagen – nicht viele würde diesen Schritt tun. Martin Thoma ist diesen Weg gegangen. „Bereut habe ich es nie“, sagt der 55-Jährige, der mit seiner Frau in Penzberg lebt. Er gründete die Firma „Naturtech Oberland“. In seinem Ein-Mann-Betrieb stellt er Geräte zur Wildvergrämung her. Mit Erfolg. Erst jüngst orderte die Stadt Penzberg mehrere dieser Geräte, um die Biber am Huberer Weiher in Schach zu halten.
Hinterm Penzberger Stadtmuseum hat Martin Thoma seine Werkstatt. Tüfteln und basteln seien schon immer sein Ding gewesen, erzählt er. Aber auch die Natur hat es dem 55-Jährigen schon in frühester Kindheit angetan. Die Familie des gebürtigen Pasingers hatte eine Hütte bei Reichersbeuern. Mit zehn Jahren sei er, ausgestattet mit Fernglas und Bestimmungsbuch, am liebsten draußen gewesen, um vor allem Vögel zu beobachten, erzählt Thoma.
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„Das Stadtleben hat mir noch nie etwas gegeben.“ Forstwirtschaft studieren oder Tierfilmer zu werden – das hätte er sich als junger Mann gut vorstellen können. Doch sei er stets auch technikverliebt gewesen, sagt der Penzberger. Der Pragmatismus siegte. Thoma machte eine Lehre zum Feinmechaniker, studierte anschließend und arbeitete viele Jahre als Feinwerkmechaniker in einem Betrieb für Oberflächeninspektionssysteme in Martinsried. „Ich hatte mit der CD-Produktion zu tun“, sagt er. „Alles wurde in Fernost hergestellt.“
Doch dieses Leben war nicht seines. Letztlich machten Körper und Psyche nicht mehr mit. Offen spricht Thoma von seinem Burnout. „Ich war nicht mehr leistungsfähig, konnte nicht einmal mehr wie früher mit meinem Rennrad fahren.“ Ärzte fanden nichts. „Aber ich wusste, dass ich ständig gegen meine Einstellung arbeite.“ Er besuchte eine Schamanin. Schon in der ersten Sitzung sei vieles hochgekommen. „Das war heftig. Ich wusste, dass ich was tun muss.“ Noch war Thoma aber nicht bereit für einen harten Schnitt. Er wechselte zunächst den Arbeitsplatz. „Das war die gleiche Tretmühle. Ich konnte das Fremdbestimmtsein nicht mehr aushalten.“ Ohne zu wissen, was er künftig machen werde, kündigte Thoma. Das war im Jahr 2013. Er nahm sich eine Auszeit, stieg in seinen Landrover und fuhr für drei Monate nach Skandinavien. Vögel beobachten, die Natur genießen – das gab ihm Kraft.
Zurück in der Heimat beschloss er, Neigung und Beruf zu kombinieren. „Ich wusste, dass die Kitzrettung ausbaufähig ist.“ Thoma ist seit 2007 Jäger mit eigenem Revier auf Sindelsdorfer Flur. Zunächst tüftelte er für den eigenen Bedarf an Geräten, die Kitze vor dem sicheren Tod durch Mähdrescher bewahren sollten. Das sprach sich bei Jägerkollegen herum. Thoma stattete die Nachbarreviere ebenfalls mit seinen Erfindungen aus. Die Nachfrage entwickelte sich gut. Heute kann Thoma von seinen Tüfteleien im Bereich Wildvergrämung leben.
Alles, was vorher eingesetzt worden sei, um Rehkitze zu schützen, sei nicht befriedigend gewesen, erzählt Thoma. Ihm war klar, dass eine elektronische Lösung her müsse, die er stets zu verfeinern sucht. Sein Rehkitz-Retter etwa ist mit blauen LED-Lämpchen ausgestattet. „Die sind für das Wild besser sichtbar.“ Die Schwarz-Weiß-Seher können nämlich die Farbe Blau unter den Grautönen, die sie wahrnehmen, besser erkennen. „Es darf aber nicht andauernd blinken, sonst traut sich die Geiß nicht, das Kitz aus dem Feld zu holen, obschon ihr das Gerät nicht geheuer ist und sie ihr Kitz dort wegholen möchte.“
Kombiniert werden die Lichtsignale zur weiteren Wildvergrämung mit unterschiedlichen Tonsignalen. „Man muss austesten, was funktioniert“, sagt Thoma. Seine Geräte werden unter anderem erfolgreich bei der Vertreibung von Bibern und Wildschweinen eingesetzt. Im kommenden Frühjahr möchte Thoma einen Versuch starten, Murmeltiere mit seinen Geräten von Almhütten fernzuhalten. Im Allgäu unterhöhlen die Nagetiere die Hütten nämlich recht häufig. „Da kippten schon welche um“, erzählt Thoma. „Vielleicht muss ich Blinklichter mit Adlergeschrei kombinieren. Mal sehen.“ Wölfe und Bären abzuschrecken, auch das möchte Thoma mit seinen Erfindungen erreichen. „Langweilig wird es nicht, ich habe noch so viele Ideen.“
Weil sein Geschäft floriert, fertigt er inzwischen nicht mehr alles in Eigenregie in seiner Werkstatt an. „Ich habe nicht mehr für alle Komponenten Zeit.“ Dabei setzt der 55-Jährige, soweit dies möglich ist, auf regionale Partner. Die Platinen lässt er in Benediktbeuern anfertigen, die Verpackung seiner Geräte in Landsberg. Die Röhren kommen aus Donauwörth und die Fräsarbeiten erledigen die Oberland-Werkstätten in Polling. Alle Einzelteile fügt Thoma eigenhändig zusammen. „Ich wollte, dass die Arbeit in der Region bleibt. Es macht mir nichts aus, zwei bis drei Euro mehr deshalb auszugeben.“ Auch wenn seine Firma auf Expansionskurs ist, eines möchte Thoma auf keinen Fall: „Ich möchte nie mehr gewinnorientiert arbeiten. Ich will meine Lebensqualität erhalten und es muss Spaß machen.“
Zu dieser Lebensqualität gehört für Thoma auch ein Leben in und mit der Natur. Er ließ sich zum Naturschutzwächter ausbilden und arbeitet als solcher ehrenamtlich für die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Weilheim-Schongau. „Ich kläre Leute auf, mache Führungen, wache darüber, ob Betretungsverbote eingehalten werden“, erklärt Thoma. Ferner arbeitet er mit dem Zentrum für Umwelt und Kultur im Kloster Benediktbeuern zusammen. Zwei- bis dreimal in der Woche sei er draußen, erzählt er. Und wenn er nicht seinen Aufgaben als Jäger oder Naturschutzwächter nachgeht, dann ist Thoma als Naturfotograf unterwegs.
Viviana Muñoz Schmieder zieht in Fürstenfeldbruck zwei Biberkinder groß. Die Jungtiere müssen zwei Jahre bei ihr bleiben, bevor sie ausgewildert werden – und die Beziehung ist nicht immer einfach. Über eine ungewöhnliche Wohngemeinschaft.
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